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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 06.04.2000
Aktenzeichen: 13 UF 173/99
Rechtsgebiete: BGB, BeurkG, EGBG
Vorschriften:
BGB § 125 | |
BGB § 1414 | |
BeurkG § 16 III | |
EGBG Art. 14 IV | |
EGBG Art. 15 II | |
EGBG Art. 15 III |
13 UF 173/99 45 F 306/92 AG Meldorf
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am: 06. April 2000
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In der Familiensache (Auskunft für Zugewinnausgleich)
der Herrn
Beklagten und Berufungsklägers,
- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte -
gegen
Frau
Klägerin und Berufungsbeklagte,
- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte -
hat der 4. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 23.06.1999 verkündete Teilurteil des Amtsgerichts Meldorf - Familiengericht - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
In dieser abgetrennten Folgesache zur Entscheidung über den Zugewinnausgleich verlangt die Klägerin im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über den Stand des Endvermögens des Beklagten.
Die Parteien haben am 10.06.1981 in geheiratet. Die Klägerin besitzt die argentinische und italienische Staatsangehörigkeit. Der Beklagte ist Deutscher. Bei Eheschließung hatten die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Italien. Dort studierten sie damals und verlegten erst 1984 ihren ständigen Aufenthalt nach Deutschland.
Einen Tag vor ihrer Eheschließung, am 09.06.1981, schlossen die Parteien in einer notariellen Urkunde den Versorgungsausgleich aus und vereinbarten, im Stande der Gütertrennung zu leben.
Der Scheidungsantrag des Beklagten wurde der Klägerin am 05.11.1992 zugestellt. Die durch Urteil des Familiengerichts Meldorf vom 23.12.1996 ausgesprochene Scheidung ist seit dem 02.03.1998 rechtskräftig.
Die Klägerin hat Auskunft über den Bestand des Endvermögens des Beklagten durch Vorlage eines schriftlichen Verzeichnisses begehrt.
Das Familiengericht hat ein Rechtsgutachten zu der Frage eingeholt, ob italienisches Güterrecht maßgebend ist und wie die Rechtslage ist, falls diese Frage bejaht werde. Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Rechtsgutachten verwiesen.
Das Familiengericht hat durch das angefochtene Teil-Urteil dem Auskunftsanspruch der Klägerin entsprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Dem überzeugenden Rechtsgutachten sei zu folgen, wonach aufgrund einer Rückverweisung der italienischen Rechtsvorschriften deutsches materielles Recht anzuwenden zu sei. Das gelte zunächst hinsichtlich eines möglichen Zahlungsanspruchs, aber im Ergebnis auch für einen materiell-rechtlichen Auskunftsanspruch.
Der Auffassung des Beklagten, die Parteien hätten mit dem notariell beurkundeten Vertrag vom 09.06.1981 zumindest die Anwendung italienischen Rechts vereinbart, falls die in der Urkunde vereinbarte Gütertrennung nach deutschem Recht unwirksam sei, könne nicht gefolgt werden. Der Beklagte könne sich schon deshalb nicht auf die Vereinbarung vom 09.06.1981 berufen, weil durch Urteil des 4. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 30.04.1995 bindend festgestellt sei, daß der notarielle Vertrag formnichtig sei.
Darüberhinaus hätte eine im deutschen Inland vorgenommene Wahl der Anwendung eines anderen Rechts nach Art. 15 Abs. 3 i. V. m. Art. 14 Abs. 4 EGBGB wirksam notariell beurkundet werden müssen.
Der Beklagte macht mit der Berufung geltend:
Das Familiengericht habe nicht beachtet, daß nach Art. 30 Abs. 1 des italienischen IPRG Ehegatten schriftlich vereinbaren könnten, daß ihre vermögensrechtlichen Beziehungen durch dasjenige Gesetz geregelt werde, dem mindestens einer von ihnen angehöre. Solche schriftliche Vereinbarung hätten die Parteien vorliegend in Form des notariellen Vertrags vom 09.06.1981 getroffen. Es entspreche dem wirklichen Willen der Parteien gemäß der Urkunde vom 09.06.1981, daß materielles italienisches Güterrecht anzuwenden sei.
Im übrigen werde zur Überprüfung des Senats gestellt, ob die seinerzeitige Entscheidung des Senats vom 30.03.1995 vorliegend bindend sei. Damals sei es nämlich um den Ausschluß des Versorgungsausgleichs gegangen. Vorliegend gehe es aber um den Zugewinnausgleich. Daher sei zu prüfen, ob die Klägerin damals der deutschen Sprache wirklich nicht hinreichend mächtig gewesen sei, selbst wenn im Rahmen der Beurkundung vereinzelte Brocken hätten ins englische übersetzt werden müssen.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und den Antrag der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Parteivorbringens im übrigen und einzelnen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze nebst Anlagen und die Gerichtsprotokolle.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist die Berufungssumme gem. § 511 a Abs. 1 S. 1 ZPO erreicht. Das ist nach der genannten Vorschrift der Fall, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1.500,- DM übersteigt. An sich besteht das Abwehrinteresse des Beklagten als Berufungskläger, die Auskunft nicht erteilen zu müssen, darin, den voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten zu sparen. Dieser Aufwand übersteigt in der Regel bei weitem nicht den Betrag von 1.500,- DM. Vorliegend jedoch geht das Abwehrinteresse des Beklagten über diesen Aufwand an Zeit und Kosten deutlich hinaus. Dem Beklagten geht es schon in der Auskunftsstufe vorrangig um die gerichtliche Feststellung, daß der Klägerin überhaupt kein güterrechtlicher Anspruch nach deutschem Recht zustehe.
Die Berufung ist in der Sache jedoch nicht begründet.
Zur Entscheidung der güterrechtlichen Beziehungen der Parteien ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht italienisches Recht, sondern deutsches Recht anzuwenden. Die Parteien haben die Anwendung italienischen Rechts nicht rechtswirksam vereinbart. Zwar gestattet Art. 30 Abs. 1 S. 1 italienisches IPRG den Parteien, schriftlich zu vereinbaren, daß ihre vermögensrechtlichen Beziehungen durch das italienische Gesetz geregelt werden. Das wäre hier deshalb möglich gewesen, weil nach der genannten Vorschrift Ehegatten schriftlich vereinbaren können, daß ihre vermögensrechtlichen Beziehungen durch dasjenige Gesetz geregelt werden, dem mindestens einer von ihnen angehört. Da die Klägerin die italienische Staatsangehörigkeit besaß, hätten die Parteien durch schriftliche Vereinbarung die Anwendung italienischen Rechts regeln können. Eine solche Vereinbarung haben die Parteien jedoch nicht in rechtswirksamer Weise getroffen. Der Beklagte vertritt zwar die Auffassung, eine solche Vereinbarung sei der notariellen Urkunde vom 09.06.1981 zu entnehmen. Seinem Verständnis über den Inhalt dieser Urkunde kann jedoch nicht gefolgt werden. Durch die in der Urkunde getroffene Regelungen haben die Parteien seinerzeit vor dem Notar in Berlin den (deutschen) Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Sodann haben sie für den Fall, daß der Ausschluß des Versorgungsausgleichs unwirksam sein oder werden sollte, den Güterstand der Gütertrennung gem. § 1414 BGB vereinbart (Bl. 54 - 55 d. A.). In diesen Vereinbarungen und in dieser Urkunde fehlt jeglicher Hinweis auf die Geltung oder Anwendbarkeit italienischen Rechts.
Auch aus dem Umstand, daß ausweislich der Urkunde die Klägerin die italienische Staatsangehörigkeit hatte, kann kein Rückschluß auf die Anwendbarkeit italienischen Rechts gezogen werden. Das gilt um so mehr, als daß die Parteien unter Beachtung der Vorschriften der Art. 15 Abs. 2 und 3, Art. 14 Abs. 4 EGBGB die Möglichkeit gehabt hätten, auch vor einem deutschen Notar die Anwendung italienischen Rechts zu vereinbaren. Eine solche Vereinbarung ist ersichtlich nicht getroffen worden.
Die am 09.06.1981 von den Parteien notariell beurkundeten Vereinbarungen selbst können der Berufung auch nicht zum Erfolg verhelfen. Nach dem Wortlaut der Urkunde haben die Parteien damals zwar den Güterstand der Gütertrennung vereinbart. Wäre diese Vereinbarung wirksam, hätte die Klägerin keinen Anspruch auf Auskunft über das Endvermögen des Beklagten. Die notarielle Urkunde vom 09.06.1981 ist jedoch nach § 125 BGB wegen Formunwirksamkeit nichtig. Das hat der Senat im Rahmen des Scheidungsverbundverfahrens dieser Parteien durch sein Urteil vom 30.03.1995 (13 UF 17/94) festgestellt. Das Urteil ist beiden Parteien bekannt. Auf seinen Inhalt kann deshalb verwiesen werden.
Zwar ist der Senat nicht durch die §§ 318, 322 Abs. 1 ZPO förmlich gehindert, von der damaligen Entscheidung abzuweichen; denn Streitgegenstand des Urteils vom 30.03.1995 war allein die Frage, ob die Durchführung des Versorgungsausgleichs zwischen den Parteien rechtswirksam ausgeschlossen worden ist. Vorliegend hingegen ist Streitgegenstand die Pflicht des Beklagten, der Klägerin Zugewinnausgleich zu leisten oder zumindest, über sein Endvermögen Auskunft zu erteilen. Die Feststellung, ob der notarielle Vertrag vom 09.06.1981 formwirksam ist, ist deshalb lediglich eine rechtliche Vorfrage der in beiden Prozessen zu treffenden Entscheidung (Zöller-Vollkommer, 21. Aufl., Vor § 322 Rn. 28). Der Senat hält jedoch an seiner damaligen Beurteilung fest. Der notarielle Vertrag ist wegen Verstoßes gegen § 16 BeurkG formunwirksam. Die Klägerin war Ausländerin und konnte für den Notar ersichtlich nicht fließend Deutsch sprechen. Entgegen der genannten Vorschrift traf der Notar bei Beginn der Verhandlung keine Feststellungen zu ihrer Sprachkundigkeit. Der Klägerin hatte der Text zumindest auszugsweise vom Beklagten ins Englische übersetzt werden müssen. Die Übersetzungen ins Englische hat entgegen § 16 Abs. 3 BeurkG weder der Notar selbst vorgenommen, noch hat er für die erforderliche Übersetzung einen Dolmetscher hinzugezogen. Das für das Wirksamwerden der Urkunde erforderliche Vorlesen der Urkunde ist somit durch eine formunwirksame Übersetzung erfolgt. Die Hinzuziehung eines Dolmetschers kann nicht dadurch ersetzt werden, daß ein an der Beurkundung Beteiligter - hier der Beklagte - die Übersetzung für einen anderen Beteiligten vornimmt.
Schließlich hat der Beklagte seine neuerliche Behauptung, die Klägerin sei ungeachtet des damaligen Ablaufs der Beurkundungsverhandlung der deutschen Sprache hinreichend mächtig gewesen, nicht unter Beweis gestellt. Es ist auch nicht ersichtlich, wie sich der Senat von der Richtigkeit dieser Behauptung überzeugen könnte.
Damit verbleibt es dabei, daß - wie der Sachverständige Prof. Dr. Sonnenberger überzeugend ausgeführt hat - sich die Beurteilung des Zugewinnausgleichs nach deutschem materiellen Recht richtet und auch das Auskunftsverlangen der Klägerin im Rahmen der Auflösung der bestehenden Normendisharmonie gerechtfertigt ist.
Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.
Ende der Entscheidung
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